Über die maskuline Universalisierung pluraler Erinnerung
22.01.2025
Auf unserem TazBlog haben wir einen Artikel zur Erinnerungspolitik von Ilko-Sascha Kowalczuk geschrieben.
Mit der aktuellen Ausgabe der Neuen Rundschau, dem Literaturmagazin des S. Fischer Verlags, wirft die Herausgeberin Charlotte Gneuß die Frage auf: „Diktatur und Utopie – Wie erzählen wir die DDR?“. Das WIR im Heft besteht neben Autor:innen wie Ingo Schulze, Dirk Oschmann, Ines Geipel, Angelika Nguyen und weiteren auch aus Ilko-Sascha Kowalczuk. Es erscheint mittlerweile wie ein Naturgesetz des westdeutschen Feuilleton-Diskurses, dass überall dort, wo DDR und Diktatur steht, Ilko-Sascha Kowalczuk vertreten ist. Doch in seinem Text „Uwe Johnsons Kinder“ wird weder erzählt, noch wird das Erzählen über die DDR ästhetisch, poetologisch oder politisch reflektiert. Was er sagt, ist im Grunde die immergleiche Mär von „SED-Diktatur“, „Lügen der DDR“, einer „große[n] ostdeutschen Mehrheit“, die von „Aufklärung“ nichts hören und die westdeutsche „Freiheit“ nicht verstehen will. Verstanden, dass die DDR schlecht und die BRD gut ist, habe nach Kowalczuk nur eine „Minderheit, […] für die Freiheit das wichtigste Merkmal von Staat und Gesellschaft war.“ Freilich zählt er sich selbst zu dieser revolutionären Minderheit, während die anderen Millionen, als „DDR-Insassen“ eines „DDR-Gefängnis“ beschrieben werden. Über das WIE und die Verfasstheit des WIR im Erzählen über die DDR, erfährt man in diesem Text nichts. Auch nichts über den, wie es im Heft von einleitend heißt, „Zustand und […] [die] Möglichkeiten des Erzählens über die DDR.“ Die Frage der Herausgeberin, „[w]ie konstituiert und entwickelt sich der kulturelle Gedächtnisraum der DDR?“, wird in Kowalczuks Text jedoch ganz praktisch und selbstreferentiell beantwortet: Die DDR ist so, wie allein das Ich des Autors sie erinnert. Was der Text hier tut, ist eine Totalisierung von kollektiver – und das heißt notwendig ambivalenter, widersprüchlicher und pluraler – Erinnerung. Er streicht abweichende Meinungen aus dem „kulturellen Gedächtnisraum“ heraus und universalisiert eine partikulare Position. Diese Art des Totalisierens eines Ich-Erzählens kommt einer maskulinen Universalisierung gleich.
Zum vollständigen Artikel auf unserem TazBlog gehts hier: https://blogs.taz.de/diasporaost/der-ich-erzaehler/
Über die maskuline Universalisierung pluraler Erinnerung
22.01.2025
Auf unserem TazBlog haben wir einen Artikel zur Erinnerungspolitik von Ilko-Sascha Kowalczuk geschrieben.
Mit der aktuellen Ausgabe der Neuen Rundschau, dem Literaturmagazin des S. Fischer Verlags, wirft die Herausgeberin Charlotte Gneuß die Frage auf: „Diktatur und Utopie – Wie erzählen wir die DDR?“. Das WIR im Heft besteht neben Autor:innen wie Ingo Schulze, Dirk Oschmann, Ines Geipel, Angelika Nguyen und weiteren auch aus Ilko-Sascha Kowalczuk. Es erscheint mittlerweile wie ein Naturgesetz des westdeutschen Feuilleton-Diskurses, dass überall dort, wo DDR und Diktatur steht, Ilko-Sascha Kowalczuk vertreten ist. Doch in seinem Text „Uwe Johnsons Kinder“ wird weder erzählt, noch wird das Erzählen über die DDR ästhetisch, poetologisch oder politisch reflektiert. Was er sagt, ist im Grunde die immergleiche Mär von „SED-Diktatur“, „Lügen der DDR“, einer „große[n] ostdeutschen Mehrheit“, die von „Aufklärung“ nichts hören und die westdeutsche „Freiheit“ nicht verstehen will. Verstanden, dass die DDR schlecht und die BRD gut ist, habe nach Kowalczuk nur eine „Minderheit, […] für die Freiheit das wichtigste Merkmal von Staat und Gesellschaft war.“ Freilich zählt er sich selbst zu dieser revolutionären Minderheit, während die anderen Millionen, als „DDR-Insassen“ eines „DDR-Gefängnis“ beschrieben werden. Über das WIE und die Verfasstheit des WIR im Erzählen über die DDR, erfährt man in diesem Text nichts. Auch nichts über den, wie es im Heft von einleitend heißt, „Zustand und […] [die] Möglichkeiten des Erzählens über die DDR.“ Die Frage der Herausgeberin, „[w]ie konstituiert und entwickelt sich der kulturelle Gedächtnisraum der DDR?“, wird in Kowalczuks Text jedoch ganz praktisch und selbstreferentiell beantwortet: Die DDR ist so, wie allein das Ich des Autors sie erinnert. Was der Text hier tut, ist eine Totalisierung von kollektiver – und das heißt notwendig ambivalenter, widersprüchlicher und pluraler – Erinnerung. Er streicht abweichende Meinungen aus dem „kulturellen Gedächtnisraum“ heraus und universalisiert eine partikulare Position. Diese Art des Totalisierens eines Ich-Erzählens kommt einer maskulinen Universalisierung gleich.
Zum vollständigen Artikel auf unserem TazBlog gehts hier: https://blogs.taz.de/diasporaost/der-ich-erzaehler/
“Stellt Euch vor es ist Sozialismus und keiner geht weg.”
Christa Wolf
“Stellt Euch vor es ist Sozialismus und keiner geht weg.”
Christa Wolf
“Stellt Euch vor es ist Sozialismus und keiner geht weg.”
Christa Wolf
“Stellt Euch vor es ist Sozialismus und keiner geht weg.”
Christa Wolf